Karlheinz Stockhausen
Stimmung (1968)
for six voices
* 22.09.1928, Mödrath; † 5.1.2007, Kürten-Kettenberg, gilt als Pionier der elektronischen und Neuen Musik.

Der Durchbruch in der öffentlichen Wahrnehmung gelang Karlheinz Stockhausen 1956 mit dem collagenhaft-synthetischen „Gesang der Jünglinge“, nachdem er zuvor bereits die räumliche Wirkung von Tönen, Geräuschen und künstlicher Klangerzeugung mit Sinusgeneratoren („Studien I/II“, 1953/54) erforscht hatte. Im Anschluss daran lotete er bis Mitte der Sechziger die Grenzen des Elektronischen aus, war selbst Lehrer bei den Darmstädter Ferienkursen, leitete zwischen 1963 und 1969 die Kölner Kurse für Neue Musik, wurde an die Universitäten von Basel, Philadelphia und Kalifornien geladen und 1971 als Professor an der Hochschule für Musik in Köln berufen.

Stockhausen präsentierte seine Klangräume bei der Weltausstellung in Osaka 1970, komponierte Werke wie „Mantra für zwei Pianisten“ und begann die gedankliche Auseinandersetzung mit dem sieben Abende füllenden Musiktheaterzyklus „Licht“ (1977-2003), der Umsetzung der Vision eines bis ins Regiedetail planbaren Gesamtkunstwerks. Insgesamt entstanden im Laufe der Jahrzehnte mehr als 280 Komposition.


Stimmung
Der Titel des Werks ist vielseitig deutbar: „Stimmung“, das ist einmal die Stimme selbst, aber auch die reine Stimmung, in der die Obertöne gesungen werden, genau so wie die Atmosphäre, die seelische Gestimmtheit also. Vor allem aber ist mit „Stimmung“ das Einstimmen der Vokalisten aufeinander gemeint. Dieses Sich Einstimmen ist das Grundprinzip der Komposition. In jedem der 51 Abschnitte, die Stockhausen „Modelle“ nennt, stimmt ein Vorsänger eine neue Oberton-Melodie an, in die die anderen Sänger allmählich und auf Umwegen mit einstimmen. Ist eine Überein-Stimmung erreicht, beginnt der Vorsänger des nächsten „Modells“ mit seinem Part. Das Stück ist ein ständiger Kreislauf, weg von der Übereinstimmung und wieder zurück zu ihr.
Während heute das Stück meist in der von Stockhausen "auskomponierten" Pariser Fassung präsentiert wird, spielen die Maulwerker die Urfassung des Werks in seiner offenen Form.

Aufführungen der Maulwerker: Philipp-Melanchthon-Kirche Berlin-Neukölln (1995), IX. Randspiele, Sankt-Annen-Kirche Zepernick (2001) Klangregie: Martin Supper